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Die starke Schulter

Es war schon einiges an Zeit ins Land gestrichen seid meiner endgültigen Trennung von Devon. Natürlich gab es diese Momente, in denen mich Dinge an unsere Zeit erinnerten. Immer noch war ich den Tränen nahe, wenn ich zu lange über unsere gescheiterte Beziehung nachdachte. Wir waren so glücklich gewesen, es war wahrlich Liebe auf den ersten Blick! Wenn ich daran dachte, wie wir uns das erste Mal in London in einem Starbucks getroffen hatten. Ich war gezwungen worden von meiner Schwester, nach London zu fliegen, hatte absolut keine Lust, es regnete und dann traf ich auf Devon. Irgendwas an ihm wirkte anziehend auf mich, die warmen Augen, das aufgeschlossene Lächeln. Schnell waren wir in ein Gespräch verwickelt und er bot sich als Stadtführer an. Auf dem Dach eines Restaurants zeigte er mir London, wir gingen essen und verabredeten uns für den nächsten Tag erneut. Am zweiten Tag hatte er sich etwas ganz besonderes überlegt. Pünktlich zum Sonnenuntergang saßen wir im London Eye, vor uns die in rot getauchte Stadt, die glitzernde Themse und ich saß in seinen Armen. Wir verbrachten schöne Tage zusammen, dann musste ich zurück nach Spanien. Er blieb an meiner Seite und es dauerte nicht lange, bis er zu Besuch kam, dann zogen wir zusammen nach England, wollten gemeinsam Nachwuchs haben und das Verhängnis nahm seinen Lauf. Schon oft hatte ich darüber nachgedacht, ob wir noch zusammen wären, wenn wir kein Nachwuchs gewollt hätten... Aber natürlich kam ich auf keine Antwort. Vielleicht war es gut, dass es so gelaufen ist, wie es ist. Ändern kann ich nichts mehr daran was war, aber daran was in Zukunft sein wird!

Noch als ich mit Devon zusammen war hatte ich ihn wieder gesehen. Zufällig beim Shoppen mit Ellie war er mir das erste Mal wieder über den Weg gelaufen. Seine blauen Augen hätte ich unter tausenden jedes Mal wieder erkannt. Kurz hatten wir uns unterhalten. Sein Job als IT-Spezialist hatte ihn nach London geleitet, er hatte eine kleine Wohnung mitten in der Stadt. Einige Tage später hatte ich ihn wieder getroffen. Ich kann mich gut daran erinnern. Meine Woche davor war richtig stressig gewesen, schlechtes Wetter, Stress im Stall, doofe Vorlesungen und ganz viel Streit mit Devon. Juan war aufmerksam gewesen, interessiert an mir und wie es mir ging. Die Fahrt in der Ubahn war viel zu kurz gewesen, aber wie das Schicksal es wollte, kreuzten sich unsere Wege einige Zeit später wieder. Ich war in einer Beziehungspause mit Devon und hatte ziemlich mit der Sache abgeschlossen. Gemeinsam waren wir im Hyde-Park laufen und tauschten am Ende endlich unsere Nummern aus, dem Zufall wollten wir unsere Treffen nicht mehr überlassen. Er schaffte es jedes Mal mit den Tag ein wenig besser zu machen.

Als meine Trennung mit Devon dann endgültig war, war Juan es gewesen, der mich aufmunterte. Wir hatten uns oft getroffen in der letzten Zeit, er gab sich viel Mühe und überlegte sich jedes Mal etwas neues. Ich wusste, ich habe jemanden an meiner Seite, auf den ich mich in der Not verlassen kann. Jemanden, der sich für mich interessiert, mich glücklich sehen will und jemanden, bei dem ich mich wohl fühle.

Oft hatten wir uns getroffen, wenn ich in die Stadt gefahren kam um etwas zur Uni zu bringen. Meist war ich gerade zu seiner Mittagszeit dort, fragte, ob er Zeit hatte und dann gingen wir gemeinsam zu Starbucks, in die kleine Salatbar in der Nähe seines Büros oder ein Eis essen. Zwar war seine Zeit in den Mittagspausen begrenzt, aber Zeit nahm er sich immer. Nicht immer wälzten wir meine oder seine Probleme, oft redeten wir auch einfach über Politik, Filme, Sport oder andere Dinge.

Bald darauf kam Bad Neighbors 2 ins Kino und weil wir grade ein paar Tage vorher den ersten Teil als Gesprächsthema hatten, gingen wir gemeinsam in die große Movie Night, bei der die beiden Teile nacheinander gespielt wurden. Mit Popcorn, Chips und Cola ausgestattet trainierten wir mit Lachen unsere Bauchmuskeln und verbrachten einen schönen Abend im Kino. Es war mir wiedereinmal aufgefallen, wie wohl ich mich dabei fühlte, Zeit mit ihm zu verbringen. Auch ihm schien es ähnlich zu gehen, schließlich legten wir beide Wert darauf, dass wir uns regelmäßig sahen. Bereitwillig bot er mir im Kino den Platz in seinem Arm an, weil ich etwas fröstelte. Und dass wir, weil wir etwas spät kamen, einen der Pärchensitze im Kino nehmen mussten störte weder mich, noch ihn.

Ein paar Tage später lud er mich ein, ihn zu der Geburtstagsparty eines Freundes zu begleiten. Die Feier sollte im Hyde-Park stattfinden, an einem der Grillplätze.

Das Wetter war fantastisch und sogar das EM-Spiel von Spanien konnten wir sehen. Natürlich fieberte ich mit der Mannschaft meiner Heimat mit und nach dem 1:0 Sieg gehen Tschechien konnte die Geburtstagsparty richtig losgehen! Die Gesellschaft war gut, es wurde viel gelacht und herumgealbert. Als Juan mich am späten Abend heim brachte umarmten wir uns vielleicht einen Moment zu lange. Es war unglaublich angenehm gewesen seine Nähe zu spüren. Lächelnd hatte er mir in die Augen geblickt, eine meiner Haarsträhne um den Finger gewickelt und mir mit der anderen Hand sanft über die Wange gestreichelt, ehe er sich löste und zurück zum Auto ging. Später im Bett lag ich dann da, hatte das Gefühl, die Berührung an meiner Wange noch immer zu spüren und seinen Geruch in der Nase zu haben. Viele Gedanken kamen mir auf einmal in den Kopf, war da etwas zwischen uns? Mehr als nur unsere Freundschaft? Kamen die alten Gefühle wieder hoch? Oder waren es neue? Ging es ihm ähnlich?

Den gestrigen Abend hatten wir wiedereinmal zusammen verbracht. Nach seiner Arbeit hatte ich ihn abgeholt und gemeinsam waren wir zu dem neuen Chinesen gegangen, der ein paar Straßen weiter eröffnet hatte. Von Juans Kollegen waren alle schon dort gewesen und hatten geschwärmt, deshalb hatte er mich gefragt, ob wir gemeinsam hin gehen wollten. Und das Essen war göttlich! Als erstes überzeugte das Ambiente des Restaurants. Mit hellen Farben, den orangenen Stühlen war ein warme Atmosphäre geschaffen, im Kontrast dazu schwarze Tische, die das ganze perfekt abrundeten.

Juan zog mich auf, dass ich heute einmal "Papa-frei" hätte und wir lachten viel. Und auch wenn ich ihm von meinem Termin auf der Bank und den schlechten Nachrichten erzählte, ging der Abend davon nicht kaputt. Er hörte aufmerksam und interessiert zu, befasste sich wirklich mit meinem Problem und überlegte an Lösungsvorschlägen. Auch bestärkte er mich in meiner Entscheidung und motivierte mich darin, mich von dieser Neuigkeit nicht unterkriegen zu lassen.

Später gingen wir noch gemeinsam zum public viewing und ließen den Abend mit einer Siegfeier Spaniens ausklingen.


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